Von Heiner Frühauf
National University of Natural Medicine, College of Classical Chinese Medicine
Deutsche Übersetzung von Birgit Ziegler
Hütet euch vor pathologischen Metalltypen! Wenn eine solche Person eine Machtposition erlangt, wird er die Welt ins Chaos stürzen.
– Wang Fengyi, fl. 1900
Die kosmologischen Grundlagen der klassischen chinesischen Medizin besagen, dass die physiologischen Prozesse des menschlichen Körpers in 12 funktionalen Netzwerken kategorisiert sind. Diese Netzwerke treten in Resonanz mit den verschiedenen Naturkräften, die sich innerhalb der 12 Monate des Jahres und den 12 Doppelstunden des Tages manifestieren. Jede Periode drückt eine Anzahl von normalen „physiologischen“ Erscheinungen aus. Gleichzeitig definierten die chinesischen Wissenschaftler des klassischen Chinas die Schattenseiten des Makrokosmos und Mikrokosmos, indem sie katastrophale Abweichungen von regulären Wettermustern in der Natur beschrieben und diese gleichzeitig auf pathologische Muster im Organnetzwerk des menschlichen Körpers übertrugen.
Da die letzten Präsidentenwahlen in den USA weltweit beträchtliche Bedenken hervorriefen, mag es hilfreich sein, das hoch entwickelte System der chinesischen Medizinwissenschaft heranzuziehen, um Donald Trumps Konstitution und seine Dispositionen für zukünftige Aktionen zu betrachten. Wenn wir das System der 12 archetypischen Kräfte anwenden, die von allen antiken Zivilisationen benutzt wurden (z.B. die 12 „Neter“ des antiken Ägypten oder die 12 Götter des antiken Griechenland, die 12 Apostel Jesu, die 12 Ritter von König Artus’ Tafelrunde) und darauf durch die spezielle Linse der chinesischen Symbolik schauen, dann erscheint der neu gewählte Präsident als der Inbegriff des pathologischen Dickdarm-Archetyps – des baojun (eines tyrannischen Despoten der Periode der streitenden Reiche des antiken China; unter den Inkarnationen der jüngeren Vergangenheit befinden sich unter anderem Hitler und Mao).
Weiter unten ist ein Abriss dieser Schattenvariante des Dickdarm-Archetyps zu sehen. China’s ältestes klassisches Buch der Weisheit, das Yijing (Klassisches Verständnis von sich verändernden Phänomenen anhand der Wissenschaft von Symbolen) erkannte schon sehr früh, dass je besser wir die innere Natur von Phänomenen verstehen, desto besser wir gerüstet sind, um mit deren Konsequenzen in der Zukunft besser umgehen zu können.In dem klassischen chinesischen Medizinsystem der 12 Organnetzwerke wird die Funktion des Dickdarms traditionell als eine Anzahl von symbolischen Markierungen beschrieben: Im System der 5 Wandlungsphasen wird der Dickdarm als „Metall-Organ“
klassifiziert, im System der 6 Konfirmationen gehört der Dickdarm zum „Yangming“; in der antiken Beschreibung im Huangdi neijing (KlassischeMedizin des Gelben Kaisers) und in späteren alchemistischen Texten wird der Dickdarm verbunden mit dem 2. Monat des Frühlings (eryue: 7. März – 5. April) und der Zeit des Sonnenaufgangs (richu: 5.00 – 7.00 Uhr morgens). Diese Markierungen enthüllen die folgenden Tendenzen des pathologischen Dickdarm-Archetyps:
1) Separationsbewusstsein, prahlerischer Materialismus und Verherrlichung des Profanen
Der 2. Frühlingsmonat beinhaltet das Frühjahrsequinox, eine 2 Wochen dauernde Periode, die in dem antiken chinesischen Landwirtschaftskalender als chunfen 春分 betrachtet wird. Dieser Begriff kann wörtlich übersetzt werden als „die Zeit im Frühjahr, wenn alle Dinge hervortreten aus dem Schoß der Einheit und hinausgeworfen werden in die nachgeburtliche Phase der Separation“; eine Zeit wenn alles Leben in Erscheinung tritt in der Übergangsphase von der unsichtbaren Reifezeit zu plötzlicher materieller Manifestation in Form von sprießender Vegetation, herumschwirrender Insekten und der Rückkehr der anderswo überwinternden Tiere. Zu dieser Zeit sind die Naturkräfte nach einer langen Periode der Planung und Arbeit im Untergrund schließlich in der Lage zu einem konkreten und sichtbaren Hervortreten. Nicht überraschend ist deshalb der Dickdarm assoziiert mit dem Konzept von Befreiung und Erzeugung. Sogar der anatomische Dickdarm unterscheidet sich von den anderen Organen durch seine sichtbare Produktion von umfangreichen Mengen physischer Substanz, die er aus dem Körper herauspresst. In Fortführung dessen lässt sich sagen, dass aller materieller Wohlstand im antiken China auf der landwirtschaftlichen Produktion beruhte und alle landwirtschaftliche Fülle war abhängig von der Düngung und menschliche und tierische Fäkalien waren die Hauptquelle der Düngung für über zwei Jahrtausende.
Bildlich gesprochen „scheißt“ der Dickdarm die materielle Welt in die Existenz und damit alles, was sich in diesem Zusammenhang mit Geld kaufen lässt. Im Kapitel 12 des Lingshu (Teil des Huangdi neijing) wird der Dickdarm treffend mit dem Yangtse verglichen, benannt Jiang 江 (Fluss der materiellen Erzeugung). Als China in das industrielle Zeitalter eintrat, wurde der Großteil seiner industriellen Abfälle in Shanghai an den Ufern des Yangtse – dem allegorischen „Anus“ von China eingeleitet, dort wo der Yangtse in das Meer mündet. Das chinesische Schriftzeichen für Anus ist „gang“ 肛, ein Begriff, der wörtlich „Erzeugungsorgan“ bedeutet. Die Position des Dickdarms innerhalb des Management-Teams der 12 Beamten würde im erweiterten Sinn signalisieren, dass er fühl- und quantifizierbare Mengen liefern muss – die Schlüsselaufgabe eines der stärksten Mitglieder des Teams und doch häufig verbunden mit dem Potential des übermäßigen Selbstvertrauens, der Korruption und einer Tendenz zur Überbewertung aller materiellen und finanziellen Werte.
Der etymologische Kern des chinesischen Wortes Yangtse und Anus ist der Charakter gong 工 (materielle Erzeugung). Im wörtlichsten Sinne drückt gong Handwerkskunst aus, besonders im Hinblick auf die Konstruktion von Gebäuden. Es ist signifikant, dass eine der Sterngruppen, nämlich die Lou Sterne 婁宿, in der antiken chinesischen Astrologie verbunden ist mit der Position der Sonne im 2. Frühlingsmonat, und diese als „Hochhaus“ (Lou)-Konstellation bezeichnet wird. Alternativ kann Lou als himmlischer Dunghaufen übersetzt werden, der sich direkt neben dem himmlischen Abwasserkanal der Kui Konstellation 奎宿 befindet, eine zweites himmlisches Symbol für die makrokosmische Aktivität des universellen Dickdarms. Während die antiken Meisterbauer ihre Gebäude in Anzahl und Erscheinung in Übereinstimmung mit der Natur errichteten, sah man die Errichtung von absurd hohen Superbauten als ein Ausdruck menschlicher Hybris an, beispielhaft zu sehen an dem Turmbau zu Babel. Während seiner ganzen geschäftlichen Karriere hat Donald Trump eine Besessenheit gezeigt für pompöse Immobilienprojekte, wie z.B. das vergoldete Trump Tower auf der 5th Avenue, das Trump World Tower mitten in Manhattan, das mit 24 Karat vergoldete Trump International Hotel und Tower in Las Vegas, das in Konkurs gegangene Millionenprojekt Trump Taj Mahal Kasino in Atlantic City, zusammen mit unzähligen unglücklichen Versuchen, das weltgrößte Gebäude zu konstruieren. Aus dieser Perspektive ist Trumps Fixierung auf „Making America Great Again“ durch die Errichtung einer Anzahl von öffentlichkeitswirksamen Infrastrukturprojekten ein typischer Ausdruck des pathologischen Dickdarm-Archetyps.
Für alle antiken Beobachter der Naturzyklen war die Erscheinung aller Lebensformen im Frühjahr ein heiliger Moment, verbunden mit den positiven Werten, wie die Rückkehr des Lichtes und der Wiedergeburt des Lebens. In ihren Augen war die materielle Welt der lebende Beweis für die mannigfachen Manifestationen des unsichtbaren Dao. In dem erläuternden Kapitel im Huangdi neijing über die Organfunktionen wird der Dickdarm wörtlich als der „Übermittler und Transporteur des Dao“ bezeichnet. Außerdem kann man in der evolutionären Phänomenologie, wie sie im Yijing beschrieben wird, erkennen, dass das Metall Element das dichteste und strukturierteste der Fünf Elemente ist, dessen Position am weitesten entfernt von dem spirituellen Ursprung des wässrigen Dao ist. Wasser bringt Holz hervor, Holz das Feuer, Feuer bringt die Erde hervor und schließlich die Erde das Metall. Metall jedoch ist das Element, welches das innewohnende Mandat hat, alles Leben zurück zu seinen ursprünglichen Wurzeln zu verbinden und zu führen. Metall, letztendlich, bringt wieder das Wasser hervor.
Außerdem ist das Schriftzeichen gong 工 ein klares Abbild des Prozesses, alle irdischen Erzeugungsprozesse mit dem immateriellen himmlischen Reich rückzuverbinden. Der gesunde Dickdarm-Typ erkennt deshalb die materielle Welt als eine Manifestation des göttlichen Geistes und sieht alle Dinge mit dem göttlichen Dao verbunden. Dieses Hinweisen auf das Göttliche durch den Beamten des Metalls ist das, was der materiellen Welt Bedeutung verleiht. Das deutsche Wort dafür heißt „be-deuten“, was meint „auf etwas anderes hinweisen“. Man beachte, dass der erste Akupunkturpunkt des Dickdarmkanals markant auf der Fingerspitze des Zeigefingers liegt. Wenn dieses führende Signal in eine falsche Richtung zeigt, wird das höchste Bedeutungsniveau in der materiellen Natur der Dinge selbst erkannt und eine Perversion der geheiligten „Geschäfte“ tritt ein. Dies repräsentiert eines der fundamentalsten „Sünden“ in allen antiken Weisheitstraditionen: Die Erschaffung einer Welt, in der selbstsüchtige Konsumenten, gierige Geschäftsleute und korrupte Regenten die Ansammlung von materiellem Besitz zur höchsten Wichtigkeit erheben und die materielle Schaffung von Dingen nicht mehr länger als Ausdruck des Dao gesehen wird. In diesem Szenario wird Geld als die einzige Kraft gesehen, die vertrauenswürdig die Dinge bewegen und beherrschen kann. Im Gegensatz dazu wurde die physiologische Rolle des Dickdarms im Huangdi neijing definiert als ein Handwerksmeister der materiellen Welt mittels bianhua 變化 – der Prozess der spontanen Erzeugung, indem sich etwas aus dem Nichts heraus manifestiert. Während der letzten 2.000 Jahre personifizierte sich dieses magische Attribut in der Person von kultivierten Meistern, wie z.B. Jesus oder Sai Baba, die bekannt dafür waren, die materielle Welt zu beherrschen und es doch zu ihrer obersten Priorität erhoben, ihre Mitwelt daran zu erinnern, dass die erhabene Eigenschaft des schöpferischen Geistes allen Dingen innewohnt. Die Trump-mäßige Vorstellung von „Selfmade Geschäftsleuten“, von Industriebossen, die sofortige Resultate liefern und der deus ex machina Unternehmer der garantierten Veränderungen, sind verzerrte Bilder dieser Kapazität.
Zusammenfassend kann man sagen, dass der pathologische Dickdarm-Typ eine konstitutionelle Konzentration zeigt, die sich folgendermaßen ausdrückt:
- ein dissoziatives Bewusstsein,
- eine Überzeugung, dass Geld und Immobilienbesitz die Königsklasse ist (anstatt „business“ als bescheidene Aufgabe irdischen Handels und als Fahrzeug für einen höheren Zweck zu verstehen),
- dass die materielle Welt unbeseelt ist und deshalb wahllos ausgebeutet werden kann,
- dass es keinen Unterschied gibt zwischen natürlichen und künstlichen Dingen
- und schließlich, dass alles profan ist und nichts geheiligt.
Die Visionen einer Trump-Präsidentschaft enthüllen deshalb eine Karikatur-Version einer narzistischen und materialistischen Tendenz, die bereits seit Jahren unseren modernen Lebensstils dominiert – ein Emblem der universellen Dickdarm-Pathologie unserer Zeit.
2) Autokratische Vorherrschaft, Unterdrückung von Minderheiten und Sexueller Missbrauch
Der positiven Personifizierung des Metall-Elementes wohnt die Qualität der politischen Führerschaft inne, Vorbild einer leuchtenden und unbestechlichen Tugend. Die Lunge, z.B., der Metall-Partner des Dickdarms, wird im Kapitel 8 des Huangdi neijing als der „Große Ratgeber“ der Organsysteme bezeichnet. Wenn man die gewalttätige Geschichte in der Periode der Streitenden Reiche in Betracht zieht, dann ist es nicht verwunderlich, dass viele der daoistischen und konfuzianischen Schriften, welche in der Zeit zwischen 600 – 220 v.u.Z. entstanden sind, die militärischen Herrscher jener Zeit drängen, die friedlichen Qualitäten des weisen Königs zum Ausdruck zu bringen. Die Texte von Xunzi und Lü shi chunqiu (Meister Lü’s Frühjahrs- und Herbst-Annaen) aus dem 3. Jahrhundert v.u.Z. weisen z.B. auf die enge Verwandtschaft zwischen den chinesischen Wörtern jun 君 (Führer) and qun 群 (Herde, Gemeinschaft) hin. „Jun bedeutet qun: Die Rolle des Herrschers wird definiert durch die Fürsorge für seine
Leute “, heißt es im Baihu tong (Diskussionen in der Halle des weißen Tigers) im 1. Jahrhundert v.u.Z., zu der ungefähren Zeit als die Lehre der chinesischen Medizin im Neijing beschrieben wurde.
Unter den sogenannten „Fünf Tugenden“, wie sie in den konfuzianischen Texten der Han-Dynastie verzeichnet sind, wird dementsprechend die Tugend des Metalls als yi 義 definiert. Dieser Terminus beinhaltet die friedliche Erscheinung eines Schafes 羊, welches das streitlustige Symbol für Ego 我 ummantelt. Yi drückt deshalb einen Grad der Selbstbeherrschung aus, der übereinstimmt mit der Metall-Saison des Herbstes, wenn die Natur beginnt, ihre Kräfte des Selbstausdruckes zurückzuziehen; dies kann als Selbstlosigkeit, Gerechtigkeit, Gleichheit oder Brüderlichkeit/Schwesterlichkeit bezeichnet werden. Der Terminus yiqi (Bereitwilligkeit sich selbst zugunsten des Teams zu opfern) repräsentierte traditionell eine Robin-Hood artige Brüderlichkeit, die man nicht nur von den politischen Landesherren erwartete, sondern auch vorzugsweise ihren Ausdruck fand in informellen Clan-Organisationen, wie z.B. Kampfkunst-Gesellschaften und sogar in kriminellen Banden.
Die Eigenschaft, alle lebenden Dinge gerecht und gleich zu behandeln, war während der kosmologischen Ära der Kämpfenden Reiche speziell mit der Dickdarm-Positionen verbunden, beschrieben in dem ersten chinesischen Wörterbuch Erya (Annähernde Definitionen). Der Text aus dem 3. Jahrhundert v.u.Z. enthält eine Liste von mysteriösen Schriftzeichen, welche die 12 Monate des Jahres bezeichnen. Kürzlich wurden diese als die Namen der Monats-Gottheiten des antiken Chinas identifiziert. Dieser Katalog assoziiert den 2. Monat des Jahres mit dem Namen Ru 如 . Dieses Piktogramm enthält die Hauptkomponenten des Namens für die Sternengruppe Lou, was erneut die Verbindung von Dickdarm mit dieser Konstellation unterstreicht. Außerdem bedeutet das Wort ru „gleich“, „ähnlich“, „das Gleiche“. Ganz wörtlich wird also die überwältigende Kraft des März als „der Gleichmacher“ personifiziert. Die meisten modernen Gleichheits-Bewegungen können ihren essentiellen Impuls in dieser archetypischen Kraft verwurzelt finden, auch Robin Hoods Beispiel von egalisierender Selbstjustiz lässt sich hier wiederfinden. Sogar im Falle von Trump beruht ein großer Teil seines populären Charismas auf der Propagandastrategie von wirtschaftlicher Fairness.
Die Schattenseite dieses Impulses – ausgelöst in unserer heutigen Zeit durch die mittelamerikanische Wahrnehmung einer verblüffenden Lawine von gleichen Rechten für Frauen, Einwanderer, Homosexuelle und Transsexuelle – ist eine auf Furcht basierende Dynamik in Richtung Uniformität und ein daraus folgender Drang, vielgestaltige und „widernatürliche“ Phänomene zu egalisieren. Wir erinnern uns, dass im erläuternden Neijing Kapitel über die Funktionen der Organnetzwerke geschrieben steht, dass der Dickdarm der „Agent des bianhua“ ist, ein Terminus der alternativ sowohl als „die Erschaffung von Vielfalt“ als auch „Umwandlung der Perversion“ übersetzt werden kann. Diese eigenartige Besonderheit des 21. Jahrhunderts hat nun zu einer der größten Bedrohungen unserer Zeit geführt, rasiermesserscharf im Fokus durch die Präsidentschaft von Trump: in einer Zeit der beispiellosen rassischen und kulturellen Vielfalt treten weltweit selbsternannte Vereinheitlicher in Erscheinung, unterstützt durch eine kollektive Angst und charakterisiert durch kriegerische Rufe nach Konformität. Und nun scheint es so, als würden sich auch die USA in dieses Schlachtgetümmel stürzen, die USA, die einstmals der Leuchtturm von Freiheit und Multikulturalität waren.
Dieser Artikel soll keinesfalls eine weitere Analyse der sozialen und politischen Gründe für diese Entwicklung liefern, möchte aber versuchen, ihre archetypischen und medizinischen Dimensionen zu beleuchten. Im menschlichen Körper existiert Diversität zu allererst und hauptsächlich in dem Verdauungstrakt, der von Trillionen von Bakterien bewohnt wird, die nahezu 10.000 verschiedenen Bakterienstämmen zugeordnet werden können. Während der Magen und der Dünndarm spärlich besiedelt ist, besitzt der Dickdarm ein dicht besiedeltes mikrobiotisches Ökosystem, das es zum „tropischen Regenwald“ des Körpers macht. Moderne Untersuchungstechniken haben mindestens 5.600 unterschiedliche Bakterienstämme identifiziert, die im Innern des Dickdarms leben. Unter diesen unterschied man bereits in den 1940er Jahren ungefähr 400 Spezies, die in großer Fülle im Kot von gesunden Erwachsenen auftraten. Nur 75 Jahre später hat sich die Anzahl der Stämme, die in 99 % der typischen fäkalen Masse von Erwachsenen auftreten, auf 30 – 40 Stämme reduziert.
Mit anderen Worten, die mikrobielle Vielfalt im Dickdarm hat sich in den letzten 75 Jahren auf weniger als 10 % reduziert, zu einer Zeit als die Ernährung mit industriell hergestellten Lebensmitteln zunahm, und der häufige Gebrauch von Antibiotika ein ganzheitliches Ernährungs- und Heilungssystem verdrängte. Mechanisierte landwirtschaftliche Anbaupraktiken haben die Kultivierung von Monokulturen bevorzugt und unsere Biodiversität, die sich überall auf unserem Planeten finden ließ, verschwindet atemberaubend schnell. Die geringe Ausbeute in unserer inneren „Landwirtschaft“ unserer im Darm wohnenden Mikroben spiegelt diese Abwärtsbewegung wider.
Die Diversität unserer externen und internen Umwelt hat jedoch Einfluss auf mehr als nur quantitative Eigenschaften. Eine jüngste Forschungslawine über die Verbindung der Achse Darm-Gehirn hat gezeigt, dass der mikrobielle Mangel das Potential hat, uns zu inkohärenten, einfach gestrickten, anti-sozialen und sogar kriminellen Charakteren zu machen. Viele Forscher haben eine klare Verbindung aufgezeigt zwischen schlechter intestinaler Gesundheit und Erkrankungen wie Autismus, ADHS, GAPS, Tourette-Syndrom und anderen kognitiven Beeinträchtigungen. Die Symbolik der chinesischen Medizin würde sogar soweit gehen, zu konstatieren, dass ein Mangel an mikrobieller Komplexität – der sämtlichen Metallorganen eigene Zustand von innewohnendem Raffinement und Differenziertheit – unweigerlich einen cholerischen Typus hervorbringen wird mit der Tendenz zu Vereinfachungen und einem furchtgesteuerten Massenbewusstsein, das die meisten Aspekte unserer sozialen Vielfalt verhöhnt.
Es ist nicht allzu schwer, viele persönliche Charakterzüge von Donald Trump – der selbst ein begeisterter Fan von Junkfood und standfester Vermeider probiotischer Speisen ist – und der eisernen Trump-Anhänger in dieser Beschreibung wiederzuerkennen.
Es ist fast unheimlich, zu sehen, dass im antiken China in der sinnbildlichen Darstellung der pathologische Archetyp verbunden wird mit dem Staat Lu 魯國 (wörtlich übersetzt: „Land der Dummköpfe“). Die Sternkonstellation, in der die Sonne während des 2. Monats im Jahr steht, wurde traditionell mit „Lu“ verbunden, dem antiken Äquivalent zur heutigen Shandong Provinz – einerseits sowohl als das Land der aufgehenden Sonne betrachtet als auch ihrer moralischen Entsprechung in Form der menschlichen Erleuchtung durch ihren berühmten Sohn Kongzi (Konfuzius); auf der anderen Seite jedoch genau das Gegenteil, nämlich der Heimatboden einer Bevölkerung, die als „grob“, „verdrießlich“ und „vulgär“ betrachtet wurde.
Unglücklicherweise ist dieses Szenario eines proletenhaften Präsidenten, der populistische Nachrichten streut, die versprechen, ökonomisches Ungleichgewicht auszugleichen, während er gegen Einwanderer und Muslime hetzt und frauenfeindliche Stimmung verbreitet, nicht das schlimmste Produkt dieses Archetyps. Die alarmierendste Eigenschaft ist der innewohnende Drang, unter allen Umständen zu gewinnen, gewöhnlich durch gewalttätige und hinterhältige Unternehmungen, und gewaltsam zu herrschen. Extreme Beispiele dieses Musters sind solche Diktatoren wie Hitler, Mussolini, Stalin, Mao Zedong oder Saddam Hussein. Auch im Kontext der demokratischen Geschichte der USA gibt es gemäßigte Exemplare dieses Archetyps, wie z.B. Richard Nixon und Joseph McCarthy.
Die Tendenz, unter der Vorgabe von Egalitätsversprechungen eine dominante Position zu erlangen, wird klar in verschiedenen Anzeichen ausgedrückt, welche die Position des Dickdarms kennzeichnen. Der chinesische Kalender besagt, dass der 2. Monat des Jahres eine 2 Wochen andauernde Periode enthält, die als chunfen (Frühjahrs-Äquinox) bezeichnet wird. Wörtlich bedeutet dies, „die Zeit im Frühjahr, wenn Yin und Yang gleich sind“. Mit Ausnahme des Herbst-Äquinoxes, ist das die einzige Zeit in der Natur, wenn die Stunden des Tageslichtes und der Nacht quantitativ identisch sind. In dem Rad der 12 Gezeiten Hexagramme der Han-Dynastie (shi’er xiaoxi gua) enthüllt jedoch das Hexagramm für den energetischen Impuls des 2. Monats die qualitative Schieflage dieser Position. Hexagramm 34 trägt den Titel „Dazhuang“ (Yang-Dominanz) und stellt eines der klarsten Bilder der dominierenden Kraft des Dickdarms dar. Während das vorher gehende Gezeiten-Hexagramm die Position des 1. Monats (Hexagramm 11, Tai-Balance, das mit der Lungenfunktion assoziiert ist) übermittelt durch das Bild einer Yin-Yang-Balance, indem es drei Yang-Linien unter einer gleichen Anzahl von Yin-Linien darstellt, hat das Hexagramm 34 vier Yang-Linien unten und zwei Yin-Linien darüber, damit ist die innere Natur der (männlichen) Dominanz und der (rohen) Macht entlarvt.
Generell gesprochen, wird das Hexagramm 34 als ein positives Omen in der chinesischen Kultur wahrgenommen, welches den Sieg des Lichtes über die Dunkelheit illustriert. Yang bewegt sich mit Bestimmtheit in eine Position der Dominanz. Es kann sowohl als „groß und stark“ übersetzt werden als auch als „männliche Kraft“ oder „patriarchalische Überlegenheit“ oder einfach „Yang-Dominanz“. Ganz offensichtlich ist jedoch, dass dieses Bild des rechtschaffenen starken Mannes mehr bedingt als nur die triumphale Rückkehr von allem, was gut, gerecht und tugendhaft ist. Es enthält auch die ungehobelte Tendenz eines unkultivierten Dickdarm-Typs: dröhnend, ungeschickt handelnd, aber auch vorausahnend eine Neigung zu Folter, sexuellem Missbrauch, Ungleichbehandlung von Minderheiten, frauenfeindlicher Gesinnung, Verhöhnung von Behinderten und Verachtung für Verlierer – Phänomene, die bereits Trumps Leben als Geschäftsmann, Reality-TV-Person und politischem Kandidaten charakterisiert haben. Es lässt sich nur hoffen, dass diese Impulse während seiner Präsidentschaft in ihr positives Potential transformiert werden…..
Der im Hexagramm 34 positiv beschriebene Archetyp zeigt das Bild von militärischer Stärke, getragen von einer gerechten Revolution. Chinas hervorstechendstes Beispiel für dieses Phänomen, welches direkt assoziiert ist mit der Kardinalposition der aufgehenden Sonne und der Rückkehr des Lichtes, ist King Tang (wörtlich: Sonnenkönig). Tang, ein gebildeter Gelehrter der sich zum Rebellen entwickelte, wurde der erste Herrscher der Shang-Dynastie gegen 1650 v.u.Z.. Er ist in Erinnerung geblieben für sein nobles Ziel, „den Sumpf der Dekadenz und Korruption trockenzulegen“, der von König Jie der vorhergehenden Xia-Dynastie unterhalten wurde. Die chinesische Geschichte erinnert sich an König Jie als einen Tyrannen, der im Bau von verschwenderischen Immobilienprojekten schwelgte, extravaganten Palästen, hochaufragenden Deichen und einem See aus Wein, auf dem sein Hofstaat herumsegelte. Jeder, der sich mit ihm anlegte, wurde getötet oder vom Hof entfernt, während übelgesinnte Loyalisten in hohe Positionen befördert wurden. Als er von dem aufrechten Minister Yi Yin gewarnt wurde, dass sein Himmelsmandat dem Ende zulaufe, soll Jie erwidert haben: „So warnst auch Du mich vor bösen Omen! Nimm dich in Acht, denn ich bin wie die Sonne im Himmel. Nur wenn die Sonne stirbt, werde auch ich verschwinden!“ Während das Image von Jie als eines erscheint, das alle Attribute eines korrupten Dickdarm-Typus beschreibt, erinnert man sich an Tang seiner positiven Aspekte wegen, besonders sein leidenschaftliches Engagement für Gerechtigkeit und die Wiederherstellung von Ordnung. „Ich fürchte Gott“ zitiert Sima Qian’s Shiji (Schriften über die geschichtlichen Größen) König Tang, „und demzufolge ist es mein Mandat, die Dinge in der Welt richtig zu stellen. Gegenwärtig versinkt das Land Xia in Sünden und deshalb ist es der Wille des Himmels, dass dieser Zustand beendet wird“. Andere bemerkenswerte Beispiele der positiven Aspekte dieses Archetypus sind Chinas unbestechliche Staatsminister, beginnend mit dem Weisen Konfuzius (551-469 v.u.Z.) und dem kompromisslosen konfuzianischen Berater Dong Zhongshu (179 – 104 v.u.Z.), gefolgt von einer langen Reihe von sozialverantwortlichen Gesetzgebern.
Es ist kein Zufall, dass viele historische Diktatoren die archetypische Verbindung von einem starken Mann und der transformativen Kraft der aufgehenden Sonne als das prominenteste Symbol ihrer Propagandamaschinerie gewählt haben. Die Zeit von 5 – 7 Uhr morgens wird traditionell mit der Kulmination der Dickdarmfunktion in Verbindung gebracht und wird richu日出 (Sonnenaufgang) in der Holomap der chinesischen Medizin genannt. Poster aus den 1950er und 1960er Jahren zeigen Mao Zedong als Personifizierung der kommunistischen hong taiyang (Aufgang der roten Sonne), und auch Hitlers Swastika-Logo hat seinen Ursprung in urgermanischer Sonnensymbolik.
In diesem Kontext ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass der chinesische Terminus für Dickdarm (dachang 大腸) nicht nur eine phonetische und etymologische Reflexion des Hexagramms mit dem Titel Dazhuang darstellt, sondern ganz wörtlich auch „aufgehende Sonne“ oder „männliches Macht-Netzwerk“ bedeutet. Schließlich ist der anatomische Dickdarm der mächtigste Muskel im physischen Körper. Typischerweise setzt er sich sofort und machtvoll durch und zeitigt sofortige Resultate in der materiellen Welt. Außerdem zieht die Dickdarm-Leitbahn über die hervorstehenden Aspekte des menschlichen Unterarms und des Bizeps, wo sich muskuläre Stärke vornehmlich ausdrückt. Die Prinzipien von Arbeit (gong), demonstrativ ausgestellte Muskelstärke (Dazhuang) und die daraus resultierende Mühe (toil/toilet) sind somit in dem etymologischen Bereich, der die Dickdarmfunktion charakterisiert, angesiedelt.
Wie schon weiter oben detailliert beschrieben, beinhaltet das Symbol des 2. Monats das potentielle Erscheinen eines baojun, eines dominierenden starken Mannes, der unerwartet durch eine Welle von Massenbefürchtungen und Vorurteilen in eine Machtposition gespült wird, typischerweise unterstützt durch seine Versicherungen, für den kleinen Mann arbeiten zu wollen. Im Bereich der westlichen Typologie ist dies das Liktorenbündel (fasces) als Emblem des römischen Reiches: ein zylindrisches Bündel von Stäben, aus dem eine Axt hervorragt, getragen von einem Bodyguard, der vor einem Konsul einhergeht, um dessen militärische Macht zu demonstrieren. Ursprünglich waren diese Symbolwaffen gedacht als Insignien von Recht und Gesetz im Staat. Hitler und Mussolini jedoch – beide klassische Exemplare eines negativen Dickdarm-Archetypus – übernahmen im frühen 20. Jahrhundert das Liktorenbündel als das Logo des Faschismus. Seit dieser Zeit ist diese Keule zum universellen Symbol des narzistischen Diktators verkommen.
In einer Darstellung der zeitlosen Bedeutung von symbolischen Ausdrücken ist der chinesische Terminus für Ego und „Egotrip“ (wo 我) als charakteristischer Eigenschaft des baojun scheinbar ein östliches Äquivalent der römischen fasces.
„Das Wort für ‚Ego’“, erklärt der autoritative Kommentator des Wörterbuches des 2. Jahrhunderts Shuowen jiezi (Erklärung von einfachen Diagrammen und Analyse von komplexen Zeichen), „wird repräsentiert durch ein Abbild von Stöcken und Äxten, die gebraucht werden, um sich selbst zu behaupten“.
Das frühe 21. Jahrhundert ist unerwartet zu einem fruchtbaren Boden für das Erscheinen eines baojun geworden; im wörtlichen Sinne „der starke Mann, der in die Szene platzt und mit brutaler und unterdrückender Gewalt regiert“. Da das Zeitalter der unbestechlichen weisen Könige schon lange vorbei ist, ist es mehr denn je erforderlich, die fraglichen baojun-Potentiale zu erkennen und zu verhindern, eine Entwicklung, die mit dem Aufstieg von Donald Trump und ähnlichen Figuren in Russland, Frankreich, Österreich, Holland, Ungarn und Polen und den Philippinen begonnen hat. Das führt zu Herrschaften von egomanischen, eigensinnigen und dem Verlangen nach autokratischer Vormachtstellung getriebener Persönlichkeiten; zur schleichenden Gefahr kriegerischer Gesetzgebung und skrupelloser paramilitärischer Kräfte, und schließlich zu subversiven Programmen zur Unterdrückung von Minderheiten, die vom pathologischen Drang nach ethnischer Säuberung und anderen Manifestationen einer pervertierten „Gleichmachungsgesinnung“ gespeist werden.
3) Korrupte Geschäftspraktiken, Umweltverschmutzung und ethnische Säuberung
Reinheit, Sauberkeit und Kultiviertheit sind definierende Eigenschaften des Metall-Elementes. Dies beschreibt präzise einen gesunden Dickdarm, weil er der reinste unter den 12 Organ „Beamten“ sein muss und nur deswegen mit der Aufgabe der Ausscheidung des systemischen Abfalls betraut werden kann. Er repräsentiert den Hauptabwassergraben, genauso wie er in der Sterngruppe Kui benannt wird, als „himmlische Gosse“. Der Yangtse, Asiens längster und gewaltigster Fluss (der im Kapitel 12 des Huangdi neijing lingshu direkt mit der Dickdarmsfunktion in Verbindung gebracht wird), war schon immer Chinas Haupt-Sammelbecken für die Abfälle seiner landwirtschaftlichen und industriellen Produktion.
Archetypische Berufe, welche die physiologische Dickdarmfunktion verkörpern, haben deshalb immer etwas mit der Aufrechterhaltung von Sauberkeit, dem allgemeinen Erscheinungsbild, der Transparenz und der Präzision im weitesten Sinne zu tun: z.B. Abwasser-Ingenieure, Müllsammler, Installateure, Umwelt-Experten, Ökonome, Buchhalter, Statistiker, Mathematiker, Darm-Therapeuten, Dermatologen, Zahnärzte, Make-up–Künstler, Mannequins, Image-Berater. Es sind loyale und förmliche Arbeiter, gewissenhafte Ausbilder, sauber arbeitende Verwalter, unbestechliche Politiker, virtuose Financiers und ehrliche Generäle. Wenn diese vitale Funktion der Aufrechterhaltung der Sauberkeit verloren geht, dann gibt es Verschmutzung auf allen Ebenen. Ein typisches Beispiel für einen degenerierten Metall-Typus sind die „Big Bosse“ der Industrie, die Umweltbelange ignorieren zugunsten der Gewinnmaximierung, unethische Politiker mit einer Neigung zu Pornographie, Buchhalter, welche die Bücher fälschen, usw. Eine besonders gefährliche Kategorie des Dickdarm-Metall –Typus weist eine Besessenheit mit der pervertierten Form der Sauberkeit auf, indem fanatische Saubermänner für „die weiße Rasse“ und „rassische Reinheit“ eintreten, im schlimmsten Fall verbunden mit der Intention der „ethnischen Säuberung“.
Typischerweise zeigen die meisten Dickdarm-Typen eine Neigung zu Eigenschaften, die sich beiden Enden des Spektrums der assoziierten Qualitäten zuordnen lassen. Im Falle von Trump findet sich parallel neben seiner bekannten Neigung zu unethischen Geschäftspraktiken, der Leugnung des Klimawechsels, dubioser sexueller Annäherungsversuche und seinem Hang zur „ethnischen Weißheit“ auch das obsessive Verlangen, selbst „sauber zu bleiben“. Zu seinen persönlichen Mantras zählt: kein Alkohol, kein Tabak, keine Drogen, kein Kaffee!
Der Psychologe David Livingstone Smith hat in seinem letzten Buch “Why We Demean Enslave, and Exterminate Others“ einen anderen Punkt zur Sprache gebracht, der für diesen Teil unserer Diskussion über das Metall-Element generell und die Dickdarm-Pathologie im besonderen relevant ist. Er definiert in seiner Schrift die wesentliche Denkweise, die hinter dem Phänomen der ethnischen Säuberung und der Verunglimpfung von speziellen Personengruppen steht. Das engstirnige Streben nach ethnischer Homogenität, so sagt er, steht in Zusammenhang mit dem Glauben, dass eine Person zwar ein menschliches Aussehen haben kann, aber kein menschliches Wesen ist und somit dem Wahn verfällt, dass eine solchermaßen entseelte Personengruppe zwar aussieht wie Menschen, aber mit untermenschlichem Geist ausgestattet ist.
Aus Sicht der antiken chinesischen Kosmologie sind die meisten Merkmale in Zusammenhang mit der Evolution und Kultivierung der menschlichen Seele mit dem Terminus hun 魂 (spirituelle Seele) und po 魄 (vegetative/animalische Seele) verbunden, von denen die letztere direkt assoziiert ist mit dem 2. Monat des Jahres und der Phänomenologie des Dickdarms. „Der 2. Monat des Jahres kennzeichnet die Geburt der Po-Seele“, besagt ein klassischer Text, der diese Periode als Geburtsort der physischen Hülle der materiellen Welt (die an diesem Punkt zunächst auf einer niedrigeren Instinktebene belebt ist) identifiziert. Entsprechend wird der Anus als pomen (Tor der Po-Seelen) in den antiken medizinischen Schriften bezeichnet, ein Terminus der auch als „Tor des Drangs der niederen Ebene und ihres Bodensatzes“ übersetzt werden kann. Im Kontrast dazu repräsentieren die hun-Seelen einen verfeinerten Seelenaspekt, der mit den höheren Ebenen des menschlichen Bewusstseins verwandt ist und die als das Resultat der mentalen und spirituellen Kultivierung angesehen werden. Hun und po sind deshalb im antiken China Termini für die Aspekte des höheren und des niederen Selbst. In ihrer natürlichen Beschaffenheit streben die po-Seelen nach einheitlichen menschlichen Qualitäten für Zurückhaltung, Transformation, Bildung und Veredelung – wesentliche Merkmale, welche die Metall-Bestimmung des Dickdarms unterstützen.
Für Dickdarm-Typen bedeutet es daher eine lebenslange Gefahr, in den tieferen Rängen des Po-Seelen-Spektrums hängen zu bleiben. Zufälligerweise werden von westlichen Astrologen dem konstitutionellen Typus des Widders ähnliche Neigungen zugeordnet. Dieser gleicht am ehesten dem 2. Monat des traditionellen chinesischen Kalenders. Der anthroposophische Autor John Jocelyn, zum Beispiel, beschreibt diese Tendenz am treffendsten 1965 in seinem klassischen Werk: „Meditations on the Signs of the Zodiac :
Einzigartiges Symbol in diesem Zusammenhang ist der intensive, instinktive Moment, eine Qualität, die man eher den Tieren als den Menschen zuordnet, die ein christliches Bewusstsein haben (ein höher kultiviertes Selbstbewusstsein). Dies gibt dem Widder die instinktive Möglichkeit, sich folgendermaßen auszudrücken: in einem völligen Durcheinander, in chaotischen Unüberlegtheiten, in Rambock-mäßigen Aktionen, in wechselhaften Aktivitäten und Abschweifungen, in einem Tumult von grober Stärke und extremer Eigenwilligkeit, in Exzess und Extravaganz, in einer Explosionsfähigkeit, in Kampf und Mut, und sogar in einem tollkühnen Kampfgeist und einer Verrücktheit. Viele Widder handeln vorsätzlich und eigensinnig, wenn sie jung sind, sie versäumen aber, die nötige Vorsicht und Kontrolle zu erlangen, wenn sie älter werden und sie bleiben ihren extremen Handlungen treu. Selbstbeherrschung, Ruhe und Fassung zu bewahren und die Gefühle von anderen in Betracht zu ziehen, gehört nicht zu den Tugenden eines Widders, es sei denn, sie haben an sich gearbeitet , ihrer Seele und ihres Geistes zuliebe…. Der Einfluss des Instinktes, der den Widdern innewohnt, ist immer die Wurzel einer zerstörenden impulsiven Kraft, wann immer ein gutes Gefühl für die angemessene Reaktion fehlt, weil das spirituelle Selbstbewusstsein noch nicht erweckt ist.
Die unkultivierte Dickdarm-Persönlichkeit mag ein Talent für die Produktion und Verwaltung von Massengütern entwickeln, es besteht aber gleichzeitig die eindeutige Tendenz, die Geschenke der Welt als unbeseelt zu erkennen und sie zu benutzen und auszubeuten, um maximalen Profit zu erzielen. Sehr problematisch ist die damit zusammenhängende Neigung, einzelne Personen oder auch ganze Personengruppen zu entmenschlichen, indem man sie wie zaopo 糟粕 („entbehrlichen Abfall“) behandelt, ohne hun-Seele und motiviert durch die niederen po-Bedürfnisse. Dickdarm-Typen sind Meister in der Manipulation des Massenbewusstseins, weil sie sowohl seelenlose als auch beseelte Dinge gleichermaßen als Massenware betrachten – Menschenmassen z.B., die ohne Rücksicht auf ihr menschliches Wesen ausgebeutet oder ausgelöscht oder in den Krieg geschickt werden können.
Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass der Terminus po Teil eines etymologischen Begriffsfeldes ist, das alle relevanten Topics unserer Diskussion über den Dickdarm berührt: niedere animalische Instinkte (po 魄) verbunden mit dem physischen Körper und dem Ego, wertloser Müll (po 粕 oder 魄) und, besonders interessant im Kontext dieser Darlegung: die Kampagne des aufsteigenden Mondes zur Erlangung der Autorität (ba 霸 oder 魄) und die assoziierte Figur des tyrannischen Oberherrn (ba 霸) zur Zeit der streitenden Reiche.
4) Verrückte Clownerei, verdrehte Tatsachen und lüsternes Benehmen
Die Themen des Dickdarms von Reinheit und Korruption werden außerdem verewigt durch das korrelierende Symbol des Kaninchens oder Hasens. Der Hase ist nicht nur in der östlichen sondern auch in der westlichen Mythologie gleichermaßen ein Emblem des Mondphasenwechsels. In den Augen der antiken chinesischen Beobachter spien die Kräfte des 2. Monats die mannigfaltigen Manifestationen des Lebens aus. Das Etikett des Monats ist ru 如 und besteht aus dem Charakter für Frau 女 und Mund 口. Dies weist auf den Mythos hin, dass Kaninchen und Hasen – die Tiere des Sternzeichens des 2. Frühlingsmonats im chinesischen Kalender – ihre reichliche Nachkommenschaft oral gebären.
Schließlich ist Fruchtbarkeit der Trick der Tiere, um in einer Welt zu überleben, in der sie von allen anderen Kreaturen gejagt werden. Ein weiterer, sehr bekannter Trick des Hasen ist die Fähigkeit, seine Verfolger durch ausweichendes Zickzack-Manöver im Staub zu lassen. Deshalb ist der Hase sowohl im Westen als auch im Osten zu einem Symbol von Fruchtbarkeit, sexueller Potenz und Überlebenskraft geworden. Negativ erscheint das Image des Hasens in seiner schrankenlosen Sexualität und Unreinheit (das Alte Testament beschreibt ihn als nicht-koscheres Tier) und als unehrlicher Gauner.
„Trickreiche Kaninchen haben drei Kaninchenbauten“, besagt ein chinesischer Aphorismus. Darin drückt sich sowohl die regenerative Kraft des Tieres aus – verwandt mit der aufgehenden Sonne und dem Frühling – als auch seine Fähigkeit, listige und betrügerische Strategien anzuwenden, um zu überleben.
Diese Eigenschaften haben den Hasen zu einem Leitmotiv für alle Arten von Schwindlern und Gaunern gemacht, das in den Mythen von vielen kulturellen Traditionen angesprochen wird. Betrüger und Schwindler sind archetypische Charaktere, die über ein geheimes Wissen verfügen, das sie oft benutzen um zu tricksen oder anderweitig den normalen Gesetzen und dem konventionellen Benehmen nicht zu gehorchen. Der olympische Gott Hermes war ein berühmter Gauner, Patron der Diebe und Erfinder von Lügen. Nanabozho, der „Große Hase“ ist eine potente Figur, die man in den Geschichten vieler einheimischer Stämme Amerikas fand. Amerikanische Felszeichnungen, welche Nanabozho darstellen, ähneln interessanterweise dem alten chinesischen Piktogramm von Hexagramm 34, Dazhuang (Gezeiten-Hexagramm, welches das energetische Momentum des 2. Monats darstellt).
Nanabozho ist sowohl ein geehrter kultureller Held – Schöpfer der Erde, Überbringer von Licht und Feuer und Übermittler heiliger Rituale – als auch ein Clown, ein Lügner, ein Dieb, ein Wüstling und ein gerissener Räuber; alles in allem ein ambivalenter, amoralischer Charakter, der auf der Grenze von „richtig“ und „falsch“ tanzt.
Die Neigung des „Großen Hasen“ auf der Grenze von geheiligter Wahrheit und gewohnheitsmäßiger Lüge zu tanzen, findet sich wieder in der westlichen Beschreibung der Widder-Persönlichkeit. Dazu noch einmal John Jocelyn:
Das Schicksal und das Geniale des Widders ist Wahrhaftigkeit, und die ausgeglichene Widder-Seele ist vollkommen zufrieden mit der Wahrhaftigkeit. Fehlgeleitete Gedanken und Aktionen, Irrungen, das Gespür für Unwahrheiten und manchmal für Albernheiten wird zum Schicksal und zur Lektion von Widder-Persönlichkeiten, deren Geburtshoroskop unausgewogene Faktoren oder unharmonische Aspekte zeigen.
Parallelen zwischen den Aspekten der Dickdarm-Typologie und der Figur des „Großen Betrügers“ und Trump’schen Machenschaften sind offensichtlich: undurchdringliche Tatsachenverdrehungen, betrügerisches Stehaufmännchen, prominenter Clown und sexueller Räuber. Doch vielleicht kann das Image des Tricksters ein wenig Licht auf das unerklärliche Phänomen der Trump’schen Präsidentschaft werfen. Obwohl Nanabozho Chaos in der Welt entfesseln kann, wird er doch nicht als Teufel von den einheimischen Traditionen betrachtet. Er wird als ein nötiger Katalysator zum Verständnis des Heiligen anerkannt, ein Hilfsmittel, das uns indirekt anregt, unseren Fokus auf das wirklich Wichtige zu lenken. Als ein Sinnbild der nach außen gerichteten Manifestationskräfte der Natur kann der Schwindler in unausweichlicher Art und Weise alles an die Oberfläche bringen, was an unserer Welt falsch ist. Als Hüter von geheiligten Symbolen – eine Funktion des Metall-Elementes im allgemeinen und des Dickdarms im besonderen – kann der „Große Hase“ nicht nur die Rolle des Magiers und rücksichtslosen Propagandisten spielen, der unterbewusste Bilder benutzt, um das Massenbewusstsein zu manipulieren, sondern er wird auch der Enthüller von Situationen am Scheideweg werden, immer dann wenn „die Kacke am Dampfen ist“.
5) Vetternwirtschaft, Filzokratie und Interessenskonflikte
Die sagenhafte Kapazität des Kaninchens, seine Dynastie zu sichern, weist uns außerdem auf die Funktion der Übermittlung hin, einer anderen Qualität, die essentiell zum Dickdarm gehört. „Der Dickdarm ist der Beamte der Übermittlung“ sagt das Huangdi neijing und führt weiterhin aus, das daraus „alle Veränderung und Transformation hervortritt“. Diese Passsage kann aber auch übersetzt werden als „die daraus hervortretende Abfolge von Thronbesteigung und schlussendlicher Machtübergabe“. Im Kontext der konfuzianischen Klassiker bedeutet die angemessene Übertragung von Macht die wichtigste ethische Verpflichtung im Regierungsbetrieb des antiken China. Es sollte hierbei immer das Allgemeinwohl in Betracht gezogen werden, gemessen an der zweckdienlichen Machtübertragung in jeglicher Erbfolge, medizinische und gongfu-Linien eingeschlossen, welche den Transfer von Wissen und Autorität an den vortrefflichsten Nachfolger erfordert. Trotz der allgemeinen Praxis, die imperiale Macht an die eigenen Nachkommen weiterzugeben, wurden die beiden vorbildlichen konfuzianischen Helden-Könige Yao und Shun dafür bejubelt, dass sie ihre ambitionierten Söhne in der Regierungs-Nachfolge übergingen und die Autorität auf den tugendhaftesten Kandidaten übertrugen.
Konfuzianische, daoistische und buddhistische Texte warnen daher allesamt vor den Gefahren von Vetternwirtschaft, Filzokratie und weitgehenden Interessenskonflikten, welche dann entstehen, wenn das Ziel der Sublimierung der narzistischen Veranlagungen des Herrschers korrumpiert wird. In diesem Kontext ist es ein klarer Warnhinweis, dass Donald Trump bereits den beispiellosen Schritt unternommen hat, seine Tochter Ivanka in offizielle Meetings mit ausländischen Honoratioren zu involvieren und für seinen Schwiegersohn, Jared Kushner, zu einem Kernberater im Weißen Haus gemacht hat.
6) Schlussbetrachtung
Als US-Amerikaner deutscher Herkunft und mit doppelter Staatsbürgerschaft fällt es mir ausgesprochen schwer, mich angesichts der klaren Parallelen zwischen dem politischen Aufstieg von Trump und Hitler paranoider Spekulationen zu enthalten. Ich habe jedoch versprochen, dass ich mich in diesem Artikel auf meinen eigenen Kompetenzbereich beschränke und innerhalb der Grenzen eines akademischen Portraits bleibe, welches die Pathologie des Dickdarm-Typen in der chinesischen Medizin beschreibt.
Natürlich hat das rätselhafte Debut des „Tricksters“ weit über die Grenzen der Vereinigten Staaten hinaus Bedeutung. Es ist sowohl der Ausdruck einer Dickdarm-Pathologie, die uns schon seit geraumer Zeit global heimsucht, als auch eines dringenden Rufes nach Kontemplation und Kultivierung unserer eigenen Metall-Tugenden. Zum Ende meiner Ausführungen möchte ich die sachliche Analyse von Steven Letitsky und Daniel Ziblatt teilen, beide Staatsrecht-Professoren an der Harvard-Universität
Die amerikanische Demokrtie ist nicht in unmittelbarer Gefahr zu kollabieren. Wenn normale Umstände herrschen, werden unsere Institutionen sich wahrscheinlich durch eine Trump-Präsidentschaft „durchwurschteln“. Es ist jedoch weniger klar, wie es der Demokratie in einer möglichen Krise ergehen wird. Im Falle eines Krieges, eines großen terroristischen Angriffs oder von Aufruhr und Protesten in großem Stil – alles Dinge, die völlig wahrscheinlich sind – könnte ein Präsident mit autoritären Tendenzen und Institutionen, die schlecht geführt sind, eine ernste Bedrohung für die amerikanische Demokratie darstellen. Wir müssen auf der Hut sein. Die Warnsignale sind real. (New York Times, 17. Dezember 2016).
© 2016-17 Heiner Frühauf
© 2017 Deutsche Übersetzung von Birgit Ziegler
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