Von Heiner Frühauf1
National University of Natural Medicine, College of Classical Chinese Medicine
Aus dem Englischen übersetzt von Sepp Leeb
I. Yi Zhe Yi Ye – Medizinwissenschaft ist Symbolwissenschaft
Seit 1956 hat sich in China das Fachgebiet der chinesischen Medizin als wichtiger Ausbildungsgang etabliert, eine Entwicklung, die sich inzwischen in ähnlichem Umfang auch im Westen abzeichnet. Man kann durchaus behaupten, dass mittlerweile in den Vereinigten Staaten und in Europa die Ausübung von Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) auf dem medizinischen Sektor als der Tätigkeitsbereich mit dem größten Entwicklungspotential gilt. Dieser Sachverhalt steht in krassem Gegensatz zum rückständigen Niveau des akademischen Diskurses unter den modernen Anwendern von chinesischer Medizin. Die akademische Auseinandersetzung mit TCM ist zur Zeit auf allen Ebenen von allgemeiner Verwirrung geprägt, was den Begriff “Wissenschaft” und sein Verhältnis zu den Wurzeln der Disziplin angeht. Deng Zhongjia, Dekan der Abteilung für die Erforschung der Grundlagen der TCM an der Chengdu University of Traditional Chinese Medicine, der sich seit jeher dafür eingesetzt hat, die konzeptionelle Verankerung der chinesischen Medizin in den daoistischen Klassikern zu bewahren, hat diesen Sachverhalt einmal sehr treffend zum Ausdruck gebracht: “Die TCM hat das Konzept von ‘Wissenschaft’ mit ‘westlicher Medizin’ gleichgesetzt und im Zuge dieser Entwicklung unsere Wurzeln ins Museum abgeschoben, wo sie jetzt auf einem Sockel stehen und verstauben.”2
Professor Dengs Äußerung steht ganz in der Tradition der jahrhundertealten Klagen gelehrter Ärzte über die zunehmende Aushöhlung der kosmologischen Basis des medizinischen Wissens – dies betrifft vor allem das Konzept vom Körper als einem Mikrokosmos, demzufolge alle körperlichen Mikro-Wissenschaften in einen makrokosmischen Bezugsrahmen eingebettet bleiben müssen. Das Dao De Jing, in diesem Zusammenhang am Besten als “Der Klassiker vom Ganzen und seinen Teilen” übersetzt, hat diese im Wesentlichen daoistische Sicht des menschlichen Körpers schon vor 2500 Jahren sehr genau definiert; sie wird seitdem mit dem Konzept tian ren he yi (Zustand des Einsseins von Universum und Mensch) umschrieben: “Die Menschen folgen den Gesetzen der Erde, die Erde folgt den Gesetzen des Himmels, der Himmel folgt den Gesetzen des Dao, und das Dao ist einfach.”3 Seit die Begründer der chinesischen Medizin die Implikationen dieser Maxime aufgegriffen haben, um ein hochkomplexes diagnostisches und therapeutisches System zu entwickeln, haben Ärzte in späteren Zeiten immer wieder für eine Rückkehr zur Weltsicht dieses Systems plädiert. Worüber sich jedoch die meisten zeitgenössischen Beobachter dieser Disziplin nicht im Klaren sind, ist, was sich renommierte chinesische Ärzte wie der Weise Sun Simiao in der Tang-Zeit, der Ming-Gelehrte Zhang Jingyue oder der Ideologe Zhang Xichun zu Beginn des 20. Jahrhunderts konkret unter dieser Rückbesinnung vorstellten und was genau sie dabei für so rückbesinnenswert hielten.
Zeitlich fast ein Jahrtausend voneinander getrennt, formulierten sowohl Sun Simiao als auch Zhang Jingyue eine programmatische Antwort auf das, was sie als Hauptursache des Niedergangs der chinesischen Medizin in ihrer Zeit ansahen. “Wer keine Kenntnisse über die Wissenschaft des Wandels besitzt, kann auch nicht als meisterlicher Arzt bezeichnet werden”,4 erklärte der Weise Sun im 7. Jahrhundert. Der berühmte Arzt Zhang Jingyue, der in China eine Renaissance der Medizinwissenschaft einleitete, prägte den berühmten Ausspruch, den sich die Befürworter einer Rückbesinnung auf die Grundwerte der chinesischen Medizin selbst heute noch aufs Panier geschrieben haben: “yi zhe yi ye“; “richtige Medizin basiert gänzlich auf Yijing-Wissenschaft.”5 Auch wenn Gelehrte auf dem chinesischen Festland vor kurzem yiyixue ins Leben gerufen haben, eine Disziplin, die sich mit der medizinischen Bedeutung des Yijing (Klassiker der Wandlung) befasst, muss die tiefere Bedeutung dieser gewichtigen Zitate dennoch stärker verdeutlicht werden. Da in diesen Textstellen mit allem Nachdruck eine Wiederbelebung der auf Symbolen basierenden Wissenschaft gefordert wird, die zum ersten Mal im Klassiker der Wandlung beziehungsweise im Klassiker der Symbole, wie man das Yijing in diesem Zusammenhang zutreffender übersetzen sollte, dargestellt wurde, sind sie eindeutig als Plädoyer für eine Rückbesinnung auf die holistischen Grundlagen der chinesischen Medizin/Alchimie anzusehen. Allem Anschein nach trat das Phänomen der Alchimie in den Anfängen der chinesischen Kultur als ein Prozess in Erscheinung, bei dem eine Vielzahl in Zusammenhang stehender natürlicher Phänomene und die dazugehörigen funktionellen Daten in einem einzigen Symbol zusammengefasst wurden; das Hauptaugenmerk dieser Disziplin galt also nicht bloß der Amalgamation von Metallen oder der Herstellung medizinischer Elixiere.
Das Hauptargument der Gelehrten lautet, dass die Essenz der chinesischen Medizin nicht die technischen Einzelheiten von Diagnose und Therapie sind, sondern die symbolistische Alchimie, welche die holistische Beziehung von kosmischer, irdischer und physischer Ebene beschreibt.6 Um sich über die Komplexität dieses Systems in ihrem vollen Umfang klar zu werden, muss man weit über die modernen Vorstellungen von symbolischer Darstellung hinausgehen. Und so ist es auch das Werk eines Ägyptologen des frühen 20. Jahrhunderts, das die Rolle und das Wesen des Symbolismus im alten China am Besten erhellt. Der im Elsaß geborene Philosoph, Mathematiker und Alchimist R.A. Schwaller de Lubicz begann seine intellektuelle Karriere mit dem Studium des Werkes des symbolistischen Malers Henri Matisse. Im Zuge seiner fünfzehnjährigen Feldforschungen in Ägypten entwickelte er dann das Konzept des “symbolique“7. Symbolique definiert sämtliche Ausdrucksformen alter Kulturen, wie zum Beispiel Architektur, Hieroglyphen, Mythologie, als eine hochkomplizierte Wissenschaft, welche die vielfältigen Realitätsebenen in einem einzigen Kristall von Bedeutung verdichtet. Der Theorie des symbolique zufolge besteht die Hauptaufgabe des antiken Wissenschaftlers darin, der Beziehung zwischen Raum und Zeit, Funktion und Materie, oben, unten und dazwischen in einem sorgfältig ausgewählten Bedeutungsträger Ausdruck zu verleihen, der dem Reich der Natur entnommen wird- also ein Tier, eine Pflanze oder ein Himmelskörper. In seinem umfangreichen Werk, insbesondere in Le Temple de l´homme (1957), führt Schwaller im Einzelnen auf, dass antike Symbole sehr detaillierte Informationen enthalten, die von der Ding-Ebene (wie etwas aussieht) über die Funktions-Ebene (was etwas tut) bis zu den makrokosmischen Ebenen von Raum und Zeit (wie etwas von den Planeten und Jahreszeiten beeinflusst wird)8 reichen.
Obwohl sich Le Temple fast ausschließlich mit Ägypten befasst, können die konzeptuellen Ideen dieses Buches fast wortwörtlich auf das Phänomen der chinesischen Wissenschaft und Kultur angewandt werden. Als Schwaller seine Erkenntnisse zum ersten Mal veröffentlichte, wurden seine Bemühungen, antike Artefakte auf ernsthafte Weise zu deuten, vom ägyptologischen Establishment seiner Zeit mit Verachtung gestraft. Eine ganz ähnliche Situation scheint heute im Bereich der chinesischen Medizin zu herrschen. Obwohl die meisten zeitgenössischen Wissenschaftler und Anwender die chinesische Medizin als eigenständige Wissenschaft betrachten, sehen nur sehr wenige in den Klassikern eine wichtige Quelle für wissenschaftliche Details über die zwölf Funktionskreise. In TCM-Lehrbüchern werden in der Regel nicht mehr als zwei bis sechs klassische Stellen zitiert, und das sehr museal und kaum kommentiert. Aus diesem Grund basiert der größte Teil des zeitgenössischen Wissens über die Funktionskreise und ihre äußeren Manifestationen (Orbisikonographie, zangxiang) auf modernen Erkenntnissen über die Funktion der anatomischen Organe des Körpers. Allerdings ist das alte Konzept der Funktionskreise seinem Wesen nach durch und durch funktional- “energetisch”- und lässt sich deshalb mit strukturellen Begriffen nicht annähernd adäquat beschreiben. Seine vielschichtige Realität erfordert ein wissenschaftliches Begriffssystem, das mehrere Bedeutungsebenen auszudrücken imstande ist. Die grundlegenden Klassiker der chinesischen Medizin, insbesondere das Huangdi Neijing (Der Klassiker des Gelben Kaisers zu mikrokosmischen Fragen), sind die wichtigsten Hilfsmittel für die Übermittlung dieser Geheimsprache. Wie in Ägypten und anderen Hochkulturen des Altertums entwickelten die Naturwissenschaftler im China der Zhou- und Han-Zeit ein System symbolischer Bezüge, das die Merkmale der vielschichtigen Beziehung von Makrokosmos und Mikrokosmos in aller Ausführlichkeit beschrieb, und zwar einschließlich des “Wie”, “Wo”, “Wann” und “Warum” der Verbindung von Oben und Unten.
Um sich Zugang zu diesem reichen Schatz an Informationen zu verschaffen, muss man die medizinischen Klassiker im speziellen Kontext ihrer Zeit sehen. In der formativen Phase der chinesischen Medizin, etwa zwischen 500 v. Chr. und 150 n. Chr., wurden in China alle Bereiche geistiger Aktivität im Wesentlichen von einem “daoistischen” System funktionaler Zusammenhänge beherrscht, das sich der Symbolik von Yin und Yang (yin yang) sowie der Fünf Wandlungsphasen (wuxing), des Sechsgliedrigen Yin-Yang-zyklus (liujing), der Acht Trigramme (bagua), der Vierundsechzig Hexagramme (liushisi gua), der Zehn Himmelsstämme (tiangan) und der Zwölf Erdzweige (dizhi) bediente. Dieses System bildete den gemeinsamen übergeordneten Bezugsrahmen, der nicht jedes Mal neu erläutert werden musste, wenn ein neues Forschungsgebiet eingeführt wurde. Da Geologie, Astronomie und Medizin sich alle mit eng verwobenen Teilen desselben großen Ganzen befassten, waren die Grundparameter der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit ihnen im Wesentlichen die gleichen. Auch wenn die meisten zeitgenössischen TCM-Anwender durchaus mit dieser Einschätzung konform gehen, bleibt die Verfügbarkeit traditioneller Informationen über den “Lungen”-Funktionskreis (fei), um nur ein Beispiel zu nennen, dennoch sehr begrenzt. In modernen Lehrbüchern heißt es in der Regel, die Lunge sei der Wandlungsphase jin (Metall) und taiyin (yin maior) zugeordnet. Wenig wurde allerdings darüber geschrieben, was diese Zuordnungen in Hinblick auf Diagnose und Therapie tatsächlich bedeuten, und so gut wie gar keine Angaben gibt es über den Zusammenhang zwischen dem “Lungen”-Funktionskreis und anderen symbolischen Wegweisern wie Hexagrammen oder Himmelsstämmen und Erdzweigen.
Angeregt von den Arbeiten Schwaller de Lubiczs, von der emphatischen Klage Zhang Jingyues und meiner eigenen Frustration über den Stand des Grundlagenwissens in modernen TCM-Lehrbüchern, begann ich mich ernsthaft mit dem komplexen System symbolischer Wegweiser auseinanderzusetzen, in das die Funktionskreise der chinesischen Medizin eingebettet sind. Als ich in Befolgung der impliziten Anweisungen des Neijing die Reihenfolge der zwölf Funktionskreise dem Ablauf der zwölf Erdzweige (dizhi), der zwölf Häuser des chinesischen Tierkreises (xingci) und der zwölf Hexagramme gegenüberstellte, welche die Abfolge des jahreszeitlich bedingten Qi (xiaoxi gua) beschreiben, wurden ganz von selbst eine Vielzahl detaillierter Informationen über die Funktion jedes Funktionskreises und seine enge Beziehung zu den Sphären des Himmels, des Menschen und der Erde sichtbar.
Darüber hinaus ergab eine Untersuchung der mit dem Leitbahnsystem assoziierten Symbole, dass die Namen der Akupunkturpunkte metaphorische Variationen und Spezifizierungen des Grundthemas sind, das vom makrokosmischen Kompass der Leitbahn festgelegt wird. Bisher haben die westlichen TCM-Anwender den reichen Informationsgehalt der Akupunkturpunkt-Bezeichnungen in so starkem Maß unberücksichtigt gelassen, dass der Akupunkturpunkt Zhongfu (Zentraler Speicher, aula media) allgemein als “Lunge 1” (P1) bezeichnet wird. Bestenfalls dürfen die klassischen Punktbezeichnungen als grobe Gedächtnisstützen für die Lage eines Punktes dienen, wie zum Beispiel “Hügel, Anhöhe” für Punkte in der Nähe eines wichtigen Gelenks beziehungsweise “Tal” oder “Teich” für Punkte in deutlich erkennbaren Vertiefungen. Eine gründliche philologische Analyse der Punktenamen, in deren Verlauf jeder Akupunkturpunkt vor dem Hintergrund wichtiger daoistischer Klassiker der Han-Zeit und früherer Epochen betrachtet wurde, erbrachte weitere Hinweise auf ein Kodifizierungssystem, das von einer Differenziertheit und Liebe zum Detail zeugte, wie sie die gängige TCM ihren eigenen Wurzeln nie zuzuschreiben gewagt hat. Sobald dieser Symbol-Kode einmal zum Vorschein gekommen war, begann sich eine klar strukturierte Strategie für die Beschaffung von Informationen abzuzeichnen, in deren Verlauf die Akupunkturpunktbezeichnungen in zwölf geschlossenen mythologischen Geschichten verwoben wurden, welche die komplizierten Funktionen und makrokosmischen Beziehungen der zugehörigen Funktionskreise sehr detailliert erläuterten. Grob gesprochen kann man sagen, dass fast jeder bisher untersuchte Akupunkturpunktname folgende symbolischen Bedeutungskategorien zu beinhalten scheint:
- Grundthema (abstrakt): Bezug zu einem der zwölf Gezeiten-Hexagramme (shier xiaoxi gua), das als die funktionale Titel-Bezeichnung des betreffenden Funktionskreises dient, oder zu einem der anderen fünf Hexagramme, das Han-Gelehrte mit dem entsprechenden Titel-Hexagramm assoziierten.
- Grundthema (konkret): Bezug zu einer in sich geschlossenen mythologischen Geschichte, die jede Leitbahn einem legendären Ereignis oder einer Gestalt aus der Zeit vor der Han-Dynastie zuordnet, wie zum Beispiel dem Gelben Kaiser (Huang Di), dem göttlichen Landmann (Shen Nong), dem Großen Yu (Da Yu) oder dem Tal der Sonnen (Tang Gu).
- Beziehung zum Himmel: Zuordnung zu bestimmten Sternkonstellationen.
- Beziehung zur Erde: Zuordnung zu bestimmten Örtlichkeiten in Chinas mythologischer Landschaft (Flüsse, Berge, usw.)
- Beziehung zum Menschen: Zuordnung zu bestimmten Positionen an einem idealisierten Kaiserhof, wie er im Zhou Li (Riten der Zhou-Dynastie) beschrieben wird.
- Beziehung zum Körperbau: Hinweis auf die Lage des Punktes.
- Beziehung zur Körperfunktion (ausgewogener Zustand): Hinweis auf Punkt-Physiologie.
- Beziehung zur Körperfunktion (unausgewogener Zustand): Hinweis auf Punkt-Pathologie.
II. Angewandte Symbolwissenschaft: Am Beispiel “Fei” (“Lungen”-Funktionskreis)
Mit Symbolique bezeichnet man das Verfahren, jedes Piktogramm, das körperliche Funktionen beschreibt, als einen mehrdimensionalen “Bedeutungskristall” zu verstehen und dann als solchen zu untersuchen. Wenden wir diese Methode auf die daoistischen Klassiker an, erschließt sich uns ein reicher Schatz an medizinisch relevanten Informationen. Mit den auf diese Weise gewonnenen Detailkenntnissen über jeden der Funktionskreise ließe sich mühelos ein dickes Buch füllen. Wenn ich mich auch im begrenzten Rahmen dieses Artikels darauf beschränken muss, nur einige grundlegende Beispiele abzuhandeln, hoffe ich dennoch, meinen Ansatz dadurch hinreichend verdeutlichen zu können.
Innerhalb der zwölfteiligen Abfolge der chinesischen Funktionskreise möchte ich vor allem den ersten als Beispiel nennen, nämlich fei, den “Lungen”-Funktionskreis. Meine Untersuchung beginnt mit einer Analyse der Piktogramme, mit denen dieser Funktionskreis traditionell beschrieben wird: fei (“Lunge”), jin (“Metall”) und taiyin (“Yin maior”). Zur Ergänzung werfen wir einen Blick auf den makrokosmischen Kontext des “Lungen”-Funktionskreises, der durch das ihm zugeordnete Hexagramm tai (“Friede”, “Ausgewogenheit”), die Tierkreiszeichen-Position Juzi (“Mund”) und den Fluss He (Gelber Fluss) bestimmt wird.
FEI (“LUNGEN”-FUNKTIONSKREIS)
Chinesische Schriftzeichen bestehen in der Regel aus zwei Teilen: einem Radikal (bushou), das, wie zum Beispiel Wasser, Feuer, Hand oder Karren, den allgemeinen Bedeutungszusammenhang angibt, und einer zweiten Komponente, die sowohl Aufschluss über die Aussprache des Wortes wie über die spezielle Bedeutung des Piktogramms gibt. Das Schriftzeichen fei besteht auf der linken Seite aus dem Radikal für “Stofflichkeit” (s. Abb.1). Die rechte Komponente enthält verschiedene Bedeutungen. Ein konkreter Gegenstand, den man mit diesem Begriff verbindet (Aussprache fu), ist ein ritueller Schmuckgegenstand, der bei Opferzeremonien außen an den Gewändern getragen wird. In seiner allgemeinsten Bedeutung steht dieser Gegenstand sowohl für die kaiserliche und die heilige, rituelle, Kommunikation zwischen Himmel und Erde als auch für das Konzept des symbolhaften Ausdrucks. Ein anderer Bedeutungsaspekt dieses Schriftzeichens (Aussprache po), auf den in dem Wörterbuch Shuowen Jiezi aus dem 2. Jahrhundert hingewiesen wird, ist das Bild üppiger Vegetation, die sich über dem Erdboden ausbreitet. Schließlich bedeutet eine Variation dieses Piktogramms (Aussprache shi), Markt, einen Ort also, an dem die Erzeugnisse der Erde gesammelt und verteilt werden.
Alles in allem steht also der von den Schöpfern der chinesischen Medizin als “fei” bezeichnete Funktionskreis ganz offensichtlich für “das funktionelle Netzwerk im Körper, das für die rituelle Kommunikation zwischen Himmel und Erde zuständig ist, sowie für den Akt der signifikatischen Kommunikation, für Fülle an der Oberfläche und für die Verteilung der Produkte und der Essenz der Erde”. Auf der makrokosmischen Ebene wird dieses körperliche System der Sternenkonstellation Himmlischer Markt (Tianshi) zugeordnet, die den Aufbau der “Lungen“-Leitbahn (auf jeder Seite elf Sterne, die elf Akupunkturpunkten auf jedem Arm entsprechen) und ihre Funktion im Bereich des Himmels, nämlich Sammeln und Verteilen, widerspiegelt.9 Auf einer gesellschaftlicher Ebene wird es dem Vorsteher der Märkte (Sishi) zugeordnet, einem kaiserlichen Hofbeamten, der im Zhou Li als Hüter der Erde und Verteiler ihrer Güter beschrieben wird.10
JIN (METALL)
Die wörtlichste Auslegung des alten Piktogramms für “Metall” beinhaltet das Bild eines Berges, der in seinem Innern die kristallisierte Essenz der Erde entwickelt und bewahrt (s. Abb. 2). Darüber hinaus wurden in der Han-Zeit mit der Wandlungsphase “Metall” folgende wichtige kulturelle Inhalte in Verbindung gebracht: Abwärtsbewegung (Wasser fließt von den Bergen nach unten; Tötungseffekt von Metallwaffen); Oberflächenschutz (Metallpanzer und Schutzplatten); Oberflächenverschönerung (Schmuck); Unsterblichkeit und körperliche Kraft (Metall hält ewig); Rechtschaffenheit, Gesetz und Urteil (die Metallklinge bestraft und exekutiert); Raffinierung (Metalle, besonders Gold, sind das Endprodukt des alchimistischen Prozesses); symbolische Darstellung und Widerspiegelung (die ersten Spiegel waren aus Metall); Empfindlichkeit, Formbarkeit und Anpassungsfähigkeit (Metall passt sich äußeren Temperaturveränderungen unverzüglich an; bei Erhitzung verändert es seine Form; wenn es korrodierenden Einflüssen ausgesetzt wird, rostet es); Ausdruck (Metall singt); Kommunikation (Metall leitet); Reinheit (Metall, Kristalle und andere edle Mineralien glänzen; Metall klingt und schneidet, wenn es rein ist); Himmel (vor der Bronzezeit konnte man Metall nur aus Meteoritenbrocken gewinnen); Ritual (wie Jade diente Metall ursprünglich nur zeremoniellen Zwecken wie der Kommunikation mit dem Himmel).
Indem sie die Kombination von fei (“Lunge”) und dachang (“Dickdarm”) als “Metall”-Funktionskreis des Körpers festlegten, gaben die Schöpfer der chinesischen Medizin ganz deutlich zu verstehen, dass diese Systeme zuständig sind für die nach unten gerichtete Verteilung der Essenzen der Erde (“Milz“ und “Magen”) sowie für Rechtschaffenheit, Vitalität, Schutz der Oberfläche, Manifestation an der Oberfläche, Kommunikation, Läuterung, Verfeinerung, Ehrfurcht gegenüber dem Geistigen und schließlich für zahlreiche verwandte Aspekte körperlichen, emotionalen und spirituellen Ausdrucks, die in einem klinischen Kontext potentiell durch die symbolistische Linse aus “Metall/Kristall/Gold” gebündelt werden können.
TAIYIN
Die vollständige Bezeichnung des “Lungen”-Funktionskreises lautet in der chinesischen Medizin shou taiyin fei jing: Das Taiyin (yin maior) zugeordnete funktionelle System/Leitbahn “Lunge” der Hand. Weil die symbolische Bedeutung von fei und jin leichter zugänglich ist, haben sich Anwender der chinesischen Medizin mit dem Terminus taiyin so gut wie gar nicht beschäftigt. Die geläufige Übersetzung “Großes Yin” (yin maior) muss als unbefriedigend betrachtet werden, da sie das taiyin-Paar (“Milz”- und “Lungen”-Funktionskreis) dem shaoyin-Paar “Kleines Yin” (yin minor) (“Herz“- und “Nieren”-Funktionskreis) gegenüberstellt, einem Funktionskreispaar also, das seinem Wesen nach grundsätzlich eher mehr als weniger Yin ist. Wieder einmal legt die Methode der wissenschaftlichen Symboldeutung einen Rückgriff auf die ursprüngliche Bildebene der beteiligten Piktogramme nahe. Taiyin ist die ursprüngliche Bezeichnung für den Mond, der wiederum ein Symbol für Erde, für Materie und für die Essenz des postnatalen Yin generell ist.11 Für sich genommen ist der Begriff tai etymologisch mit den Schriftzeichen da (groß), tian (Himmel) und tai (Frieden, Ausgewogenheit) verwandt. Der Begriff yin bezeichnete ursprünglich eine mit Regen schwangere Wolkenschicht.12 Außerdem entspricht das alte Piktogramm für Regen (yu) dem Bild von etwas der Erde Zugeordnetem, das sich vom Himmel nach unten ergießt (siehe Abb. 3). Taiyin bezieht sich auch auf die Sternkonstellation Taiyuan (andere Bezeichnung taiyin), die Han-Kommentatoren als Indikator für den Zustand des Erde-Wasser-Metabolismus in der Natur ansahen.13
Betrachtet man taiyin im Zusammenhang mit diesen verwandten Begriffen, bedeutet es Wolken am Himmel oder Erde am Himmel, die im Begriff ist, nach unten zu kommen. Die taiyin-Funktionskreise sind zuständig für die Befeuchtung der anderen Funktionskreise; sie machen sich dazu die Abwärtsbewegung zunutze, ergießen sich wie Regen in regelmäßigen Abständen auf ein ausgedörrtes Tal und versorgen es auf diese Weise mit der lebensspendenden Essenz der Erde. Im mikrokosmischen Zusammenhang des menschlichen Körpers wird dieses taiyin-Wolke/Regen-Qi als post-natales Qi bezeichnet, das im Allgemeinen als ein Amalgam des Qi definiert wird, das aus (Erde) Nahrung und (Metall) Luft gewonnen wird. Des Weiteren sind die taiyin-Funktionskreise für den Austausch zwischen Himmel und Erde zuständig, da taiyin sowohl für (die Vorstellung von) Erde im Himmel steht als auch für (die Vorstellung vom) Himmel, der die Erde nährt. Auch das macht sie tai-yin– die yin-Essenz, die sich verhält wie das Hexagramm Tai (“Frieden”, Ausgewogenheit), das für den Austausch zwischen Himmel und Erde steht.
TAI (HEXAGRAMM 11)
Tai, oder Hexagramm 11, ist das Gezeiten-Hexagramm (xiaoxi gua), das in der zyklischen Abfolge der zwölf Funktionskreise in direktem Zusammenhang mit der Doppelstunde von 3 bis 5 Uhr früh und mit dem “Lungen”-Funktionskreis steht. Tai ist in der chinesischen Kultur die Hauptbezeichnung für erfolgreichen, lebensspendenden Austausch zwischen Himmel und Erde. Mit seinen drei Yin-Linien in der Yang-Position (Himmel), die sich absenken werden, und den drei Yang-Linien in der Yin-Position (Erde), die aufsteigen werden, stellt es das Gleichgewicht von Yin und Yang und den daraus sich ergebenden Bewegungszustand dar. Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass das ursprüngliche Piktogramm eine Darstellung gebender Hände ist, welche die Gabe lebenserhaltenden Wassers großzügig nach unten verteilen (siehe Abb. 4). Wenn wir nun berücksichtigen, dass die Funktionen des “Lungen”-Funktionskreises durch sein Titel-Hexagramm, Tai, symbolisch dargestellt werden, müssen wir diesen Funktionskreis konsequenterweise als den Gebieter über Kommunikation, Ausgewogenheit und körperliche Vitalität verstehen.
JUZI (FISCHMAUL)
Juzi (Fischmaul) ist der Name eines der zwölf himmlischen Häuser, in dem traditionell die Wechselwirkung und die Beziehung zwischen Sonne, Mond und Sternen beobachtet wurde. Juzi ist speziell dem ersten Mondmonat, der Doppelstunde von drei bis fünf Uhr morgens auf der Jahresuhr, und der jahreszeitlichen Phase Yushui (Regenwasser) zugeordnet. Es enthält die Sternkonstellationen Shi (Umfriedung) und Bi (Mauer), die das westliche Sternbild Fische bilden. Die Shi-Konstellation heißt auch Dashui (Große Nässe), Shuixing (Wasserstern) und Tianmiao (Himmlischer Tempel). Sie enthält unter anderem das Sternbild Tengshe (Sich aufrichtende Schlange), von dem es heißt, dass es die Bewegungen der Wasserinsekten steuert, und Tugongshi (Erdbeweger).14 Die Bi-Konstellation enthält die Sternbilder Yunyu (Wolken und Regen) und Tugong (Erdmeister). Sie war traditionsgemäß zuständig für Linien in der Natur, die ein Muster erkennen lassen, und für ihre symbolische Reproduktion in der Schrift (wen) und in Diagrammen (tu).15
HE (FLUSS)
Im 12. Kapitel des Lingshu-Teils des Huangdi Neijing, das den Titel Shier Jingshui trägt (Über die Zwölf Kanäle/Leitbahnen und die Zwölf Ströme), wird der “Lungen”-Funktionskreis ganz direkt mit dem Huanghe, dem Gelben Fluss, in Zusammenhang gebracht.16 Der Huanghe ist der archetypische StromChinas schlechthin – er entspringt in den Bergen im Westen, verteilt in den Ebenen des Nordens und der Mitte lebensspendendes Wasser und ergießt sich schließlich im Osten in den Ozean. Als gelb wird er bezeichnet, weil er große Mengen fruchtbaren Lösses aus der Wüste Gobi mit sich führt und diesen natürlichen Dünger im Zuge regelmäßiger Überschwemmungen in den Niederungen entlang seines Betts ablagert. In der Frühzeit hieß der Gelbe Fluss auch Sishui. Das Schriftzeichen si weist auf die Zahl vier hin und bringt nicht nur zum Ausdruck, dass dieser lange Strom aus vier Flüssen besteht, die sich zu einem einzigen vereinen, sondern auch, dass der Huanghe der materiellste und irdischste unter Chinas Flüssen ist.17
Bezeichnenderweise gab die mythologische Geographie der Han-Zeit als letztendlichen Ursprung des Gelben Flusses den Puchanghai See an, der in Chinas Westlichem Hochland liegt und die äußere Quelle des Huanghe über eine unterirdische Verbindung speist.18 Dieser See ist, scheint es, das Wasserreservoir, welches das Neijing dem “Magen”-Funktionskreis zuordnet19, der wiederum als die “unterirdische” Quelle des “Lungen”-Funktionskreises bezeichnet wird.20
Alles in allem wird der “Lungen”-Funktionskreis als eine mikrokosmische Manifestation der zyklischen Süßwasserregeneration der Erde bezeichnet. In diesem Zusammenhang sollte darauf hingewiesen werden, dass die zwölf Funktionskreise so um die makrokosmische Uhr angeordnet sind, dass sie sich nicht nur in Fünfer- (die fünf Funktionskreise) und Sechsergruppen (der sechsgliedrige Yin-Yang-Zyklus) unterteilen lassen, sondern auch in Dreiergruppen (Tian, Himmel; Di, Erde; Ren, das Zwischenreich der Menschen). Wen nähme es da wunder, dass der “Lungen”-Funktionskreis zusammen mit den Funktionskreisen “Dickdarm”, “Milz” und “Magen” unter die Kategorie Di-Erde fällt. Eine alte Version des Schriftzeichens di (Erde) besteht aus oben shan (Berg), unten tu (Erde) und dazwischen shui (Wasser) und ist somit ein Abbild der Süßwasserbewegung zwischen den Bergen und den fruchtbaren Böden des tiefer liegenden Flachlands, wo das Geschenk der Feuchtigkeit die unzähligen Manifestationen des Lebens hervorbringt.
Die Namen der Akupunkturpunkte auf der “Lungen”-Leitbahn führen dieses Grundthema näher aus. Die Abfolge der elf Punkte erzählt die Geschichte von der Verteilung postnataler Erd-Essenzen, indem sie die verschiedenen Zustände des Wassers beschreibt, die es auf seinem Weg aus dem Reich des Himmels/Berges auf die Erde herab annimmt. Zu Beginn dieses Prozesses werden die irdischen Waren noch im Zustand “innerer Lagerung” (zhongfu, aula media, P1, LU1) dargestellt, bis sie “als Wolken ins Freie gelangen” (yunmen, porta nubium, P2, LU2), sich zu einem “äußeren Lagerhaus” verdichten, indem sie eine “himmlische Wolkendecke” (tianfu, aula celestis, P3, LU3) bilden, sich als Nebel und Regen in der “nebulösen Sphäre der Gesetzlosen” (xiabai, candor coercitus, P4, LU4) niederschlagen und sich schließlich an der Trennlinie der Ellbogenfalte ganz materialisieren, und zwar in Form “dreidimensionaler Wasserteiche” (chize, lacus pedalis, P5, LU5), die anschließend “Bäche“ (jingqu, emissarium transitorium, P8, LU8) und “Seen“ (taiyuan, vorago maior, P9, LU9) und große “Fischgewässer” (yuji, linea piscis, P10, LU10) bilden.
Dieses facettenreiche symbolische Tableau verhilft uns zu einer Sicht des “Lungen”-Funktionskreises, die weit über ein Verständnis von fei als einem anatomischen Organ hinausgeht, das am Atmen und Husten beteiligt ist. Es versetzt uns in die Lage, in den physischen, emotionalen und spirituellen Äußerungen eines jeden Patienten Hinweise auf Funktion und Dysfunktion des mit dem “Lungen”-Funktionskreis in Zusammenhang stehenden Umfeldes (taiyin-Metall) zu erkennen.
Schließlich kann uns die symbolistische Methode zu einem wesentlich umfassenderen Verständnis der Neijing-Textstellen über den “Lungen”-Funktionskreis verhelfen, die in TCM-Lehrbüchern in der Regel sehr museal zitiert werden: “Der `Lungen’-Funktionskreis beginnt im mittleren Calorium”; “der `Lungen’-Funktionskreis ist für das Qi zuständig”; “der `Lungen’-Funktionskreis ist die obere Wasserquelle”; “der `Lungen’-Funktionskreis ist der Premierminister der Funktionskreise, aus ihm kommt die rhythmische Regulierung”; “der `Lungen’-Funktionskreis dominiert Haut und Körperbehaarung”; “der `Lungen’-Funktionskreis ist ein empfindlicher Funktionskreis”; und “der `Lungen’-Funktionskreis speichert die (lunaren) po-Geister.”21
2 Aus einem Interview mit dem Autor in Chengdu, Provinz Sichuan, VR China, 1993. Für nähere Einzelheiten zu diesem Thema siehe: Heiner Frühauf, „The Crisis of Chinese Medicine; Science, Politics and the Making of ‚TCM’“, The Journal of Chinese Medicine, 61 (1999), S. 6-14.
3 Aus dem 25. Kapitel des Dao De Jing; siehe Dao De Zhen Jing Zhu (Kommentare zum Wahren Klassiker vom Ganzen und seinen Teilen), in Li Min, Hrsg., Dao Zang (Sammlung daoistischer Texte), Bd. 12 (Shanghai: Shanghai Shudian, 1994), S. 8.
4 Sun Simiao, zitiert von Zhang Jingyue in einem Artikel über die Vorteile des Yijing-Studiums; siehe Zhang Jiebing, „Yi yi yi“ (Die Bedeutung der Yijing-Wissenschaft in der Medizin), Lei Jing Fu Yi (Beigefügte Kommentare zur ‚Kategorisierung des medizinischen Klassikers’); nachgedruckt in Zhang Qicheng, Yixue yu zhongyi (Yijing-Wissenschaft und chinesische Medizin), (Beijing: Zhongguo Shudian, 1999), S. 303.
5 Ebenda.
6 Sun Simiao und Zhang Jingyue sind nur die prominentesten Beispiele in einer langen Reihe gelehrter chinesischer Ärzte, die der Ansicht sind, dass wirksame Medizin in der daoistischen Kosmologie, wie sie in Yijing und Neijing zum Ausdruck kommt, verwurzelt sein muss. Unter den zeitgenössischen westlichen Wissenschaftlern, die sich mit chinesischer Medizin befassen, hat sich Prof. Frank Fiedeler von der Universität Berlin am intensivsten mit dem symbolischen Charakter der Konzepte und der Terminologie der chinesischen Medizin beschäftigt; siehe Frank Fiedeler, Die Monde des I Ging: Symbolschöpfung und Evolution (München: Diederichs, 1988).
7 Siehe R.A. Schwaller de Lubicz, Symbol and the Symbolic: Ancient Egypt, Science, and the Evolution of Consciousness, übertragen von Deborah Lawlor (Inner Traditions, 1978).
8 Siehe R.A. Schwaller de Lubicz, The Temple of Man: Apet of the South at Luxor, 2 Bände, übertragen von Robert und Deborah Lawlor (Inner Traditions, 1998).
9 Laut Jin Shu (Geschichte der Jin-Dynastie) ist die Tianshi-Konstellation für das „Sammeln der Massen“ zuständig. Siehe Hua Fu, Hrsg., Zhongguo gudai Mingwu Dadian (Die große Enzyklopädie der chinesischen materiellen Kultur), 2 Bände (Jinan: Jinan Chubanshe, 1993), Band 1, S. 50.
10 „Der Leiter der Märkte… sind Mitglieder des Erziehungsministeriums [diguan; wörtlich Erdministerium], die den Marktplatz und alle merkantilen Transaktionen in der Hauptstadt beaufsichtigten. Sie bestimmten, wie der Marktplatz angelegt wurde, sie legten die Regeln für die dort stattfindenden Transaktionen fest, bestraften alle, die gegen diese Regeln verstießen, schlichteten Streit unter Kaufleuten, setzten angemessene Preise für Gebrauchsgüter fest, stellten Handelsgenehmigungen aus und überwachten sogar die Prägung von Münzen.“ Siehe Charles O. Hucker, A Dictionary of Official Titles in Imperial China (Stanford: Stanford University Press, 1985), S. 455.
11 Siehe „Taiyin Tu“ (Ein Taiyin-Schaubild), Gu Jin Tushu Jicheng (Eine enzyklopädische Sammlung von Schaubildern und Texten aus alter und neuer Zeit), 80 Bände (Chengdu: Bashu Shushe, 1994), Band 61, S. 73085.
12 „Yin bedeutet Wolken, welche die Sonne verdecken.“ Siehe das erste Wörterbuch für chinesische Schriftzeichen aus dem 2. Jh. n. Chr., Shuowen Jiezi; siehe Xu Zhen und Duan Yuzai, Kommentator, Shuowen Jiezi Zhu (Eine kommentierte Ausgabe von ‚Erklärung von Linien und Analyse komplexer Schriftzeichen’), (Shanghai: Shanghai Guji Chubanshe, 1988), S. 575.
13 In den astronomischen Annalen des Han Shu (Geschichte der Han-Dynastie) heißt es: „Wenn irgendein Stern die Drei Quellen (Sanyuan) blockiert, kommt es zu Überschwemmungen, Erdbeben und Aufruhr unter den Fischen des Meeres.“ Siehe Zhongguo Gudai Mingwu Dadian, Band 1, S. 77.
14 Ebenda, S. 70.
15 Ebenda, S. 71.
16 „Das Taiyin-System der Hand ist außen mit dem Gelben Fluss verbunden und gehört innen zum Funktionskreis ‚Lunge’.“ Siehe Guo Xiechun, Hrsg., Huangdi Neijing Lingshu (Der Lingshu-Teil des medizinischen Klassikers des Gelben Kaisers), (Tianjin: Tianjin Kexue Jishu Chubanshe, 1989), S. 144.
17 Die Redewendung „Der Himmel ist rund und die Erde viereckig“ ist in daoistischen Schriften aus der Han-Zeit und früheren Zeiten, wie zum Beispiel dem Huainanzi (Die Huainan-Meister), ein terminus technicus.
18 Dieser See wurde bereits im Shan Hai Jing (Der Klassiker der Berge und Seen) unter dem Namen Youze erwähnt. Er war wegen seines das ganze Jahr über gleich bleibenden Wasserstands bekannt und ist bis heute von weiten Sümpfen umgeben. Der im Südosten des heutigen Xinjiang gelegene See heißt jetzt Lop Nur.
19 „Das Yangming-System des Fußes ist außen mit dem Hai verbunden und gehört innen zum Funktionskreis ‚Magen’.“ Siehe Huangdi Neijing Lingshu, S. 103.
20 „Die Hand-Taiyin-Lungenleitbahn beginnt im Mittleren Brenner, biegt sich nach unten, um sich mit dem Dickdarm zu verbinden, und kommt dann wieder nach oben, wobei sie sich um die Magenöffnung windet.“ Siehe Kapitel 10 des Lingshu, in Huangdi Neijing Lingshu, S. 103.
21 Siehe Zhang Dengben und Wu Changchun, Hrsg., Neijing Cidian (Ein Neijing-Wörterbuch), (Beijing: Renmin Weisheng Chubanshe, 1990), S. 426-27.
Dieser Artikel wurde ursprünglich in Chinesische Medizin, Nummer 1/2002, publiziert.
Notes:
- Dieser Artikel fasst die ersten Ergebnisse eines laufenden Forschungsprojekts zusammen, das von der Acupuncture Point Research Group des Classical Chinese Medicine Department am National College of Naturopathic Medicine in Portland, Oregon, durchgeführt wird. Der Autor ist der Projektleiter. Weitere Mitglieder des Forschungsteams sind Chihiro Aber, Jim Cleaver, William Frazier, Samantha Gray, Edward Neal und Cindy Reuter.
There is another expression for zong qi, namely xiong qi, literally breast qi. Is it possible that the expression “xiong qi” emphasizes on the physical aspect of the thoracic qi like cirrculation, breathing, voice etc. while zong qi implies the hereditary factor as the translation of zong – ancestors suggests?
Xiong qi must be a contemporary term that certain textbooks have recently coined. None of the traditional medical texts I know contain this word. It does appear once in chapter 52 of the Lingshu part of the Huangdi neijing– not as a terminus technicus, but rather to describe local activity in certain body parts (such as tou qi for head qi, jing qi for thigh qi, fu qi for abdominal qi, etc.).
Zong qi, as described most often by traditional medical texts and their commentators (most recently by the 20th century scholar-phsycian Zhang Xichun), is another word for zhen qi, and is derived from a combination of heavenly da qi and earthly gu qi, amalgamating in the location of the Danzhong point (CV 17): “Zong qi, that is zhen qi. It is derived from Heaven, and after combining with the essence of food it fills out the physical body” (Ming dynasty, Tongya and Tushu bian encyclopedias); “Zong qi gets synthesized in the chest center, from where it commands the breathing process of inhaling and exhaling, and circulating the breath around the entire body, so that no place is ever without breath” (Qing dynasty, Yizong jinjian). It appears that part of the word ancestral, therefore, refers to its heavenly origin (breath), while some of it refers to its earthly origins (food): “All phenomena described as zong qi are a type of qi that originate from the stomach” (Ming dynasty, Zhengzhi zunsheng)